Schilderung einer „Erkrankten“
„Burnout nannte mein Hausarzt das, weil es ein schöner Begriff war für etwas, dass die heutige Welt nicht gut zuordnen kann. Da stand ich nun an einer Kreuzung und merkte wie mein Körper nicht mehr aufhörte zu schreien. Mir tat vieles weh, mein Tinnitus nervte mich schon jahrelang und auch der Bewegungsapparat lief überhaupt nicht mehr rund. Welchen Weg soll ich nun einschlagen? Ich entschied mich für den Weg mit dem Namen: „ICH“. […] Mein Kopf war leer. Ich funktionierte nur noch. Ich fühlte mich wie eine leere Hülle die in einem funktionierenden System assimiliert war. […] Ganz bestimmt hat mir am meisten geholfen, dass ich mich sehr gut betreut und verstanden gefühlt habe. Ich wurde ernst genommen und nicht als Person mit zu hohen Ansprüchen und verrückten Ideen abgestempelt.“^9
An dem Beispiel dieser 39 Jahre alten Patientin lässt sich feststellen, wie es Burnout-Patienten ergehen muss. Sie beschreibt eine innere Leere und das Gefühl körperlich und geistig nichts mehr machen zu können und dennoch funktionieren zu müssen. So wie ihr geht es den meisten Patienten, die ihre Probleme beschreiben. Hinzukommend hatte die Patientin ein Tinnitus-Leiden und körperliche Schmerzen. Das Burnout-Syndrom hatte also auch körperlich spürbare Folgen für sie. Jedoch meint die Patientin, der Hausarzt habe den Begriff des Burnouts für ihr Leiden gewählt, weil sie etwas hätte, was in unserer Welt nicht zuzuordnen ist. Es erweckt den Anschein, die Betroffene selbst würde entweder Burnout nicht als Krankheit sehen oder aber kritisieren, dass es nicht als eine solche anerkannt wird. Zum Ende des Berichts erklärt sie, die größte Hilfe wäre das Gefühl gewesen, dass Menschen sie ernst nehmen und verstehen. Sie wurde in der Therapie nicht einfach abgetan als jemand, der zu viel von sich erwartet. Dies wiederum verdeutlicht, dass Burnout in der Gesellschaft häufig nicht als eine „echte“ Krankheit anerkannt wird. Womöglich nimmt man es im Alltag noch weniger als eine Krankheit war, weil es einfacher ist sich mit einer Person zu identifizieren, die zum Beispiel aus dem Kollegenkreis stammt. Betrachtet man hingegen die Krankheitsgeschichte Sven Hannawalds, haben die meisten Personen einen größeren Abstand zu diesem. Vielleicht geht man bei der Beurteilung eines von Burnout betroffenen Prominenten mit einer größeren Distanz an den Fall und tendiert eher dazu zu sagen, man wisse doch nicht wie sich der- oder diejenige fühle.
Sagt man etwa bei Freunden und Kollegen, denen es psychisch schlecht geht schneller: „Stell dich nicht so an, mir geht es doch ebenso…“?


9. O.A.: „Erfahrungsbericht einer 39-jährigen Patientin“, Online im WWW unter URL: http://www.dr-mueck.de/HM_Erfahrungsberichte/Angst-Depression-Burnout-Erfahrungsbericht.htm [14.12.2014].